Um eins vorweg zu nehmen, ich mag den Chia-Samen. Sehr. Vom
Geschmack her. Auch wenn er davon nicht allzuviel besitzt. Bei allem anderen bin ich, nun, wie soll ich sagen, vorsichtig.
Mit allem anderen meine ich zum Beispiel die Bezeichnung „Superfood“, die
häufig, ganz trendorientiert, mit der zur Gattung der Salbeipflanzen gehörenden
mexikanischen Pflanze, daherkommt. Somit ist der Chia-Samen natürlich
zwingender hipper und fester Bestandteil aller Küchen gesundheits- und
ernährungsbewusster sowie trendiger Menschen. Die Geschichte des Mexikanischen
Chia muss ich an dieser Stelle sicherlich nicht groß erzählen. Sie ist
hinreichend bekannt und ansonsten gibt es diesbezüglich genug im Web – hier
sind sich übrigens alle Verfasser einig. Ich überspringe deshalb mal die Geschichte und wir befinden uns *bling*
im Jahre 2009. Denn da erlaubte die Europäische Behörde für
Lebensmittelsicherheit die Einfuhr von Backwaren mit maximal fünf (!) Prozent
Chia-Samen. 2013 durften es dann 10 Prozent sein und es wurde ebenfalls dem
Import von ganzen Chia-Samen als verpacktes Lebensmittel zugestimmt. Die als
gesundheitlich unbedenkliche Aufnahme empfehlen sie auf höchstens 15 Gramm
täglich zu begrenzen, in den USA wird als Höchstmenge pro Tag 48 Gramm empfohlen.
Hatte ich schon erwähnt, dass Chia-Samen bis dahin in Europa ausschließlich als
Hühnerfutter genutzt wurde? Nee. Hab ich nicht. Aber man hatte die Verfütterung
auch schnell wieder aufgegeben nachdem man festgestellt hatte, dass die Hühner
dadurch kleinere Eier legten… Na ja, wir müssen ja keine Eier legen.
Verwendung findet der Samen viele. Selbst bei Veganern hat
er mittlerweile einen hohen Sympathie- und Stellenwert. Aufgegossen mit Wasser,
Soja-, Reis- oder Mandelmilch bilden die Samen nämlich ein sättigendes Gel, welches zum Beispiel bei Backrezepten auch anstatt Eiern verwenden werden kann. Also ein Ersatz für Gelatine
und Agar-Agar. Ansonsten kann man die Samen ins Müsli streuen, über Salat, in
Smoothies verwenden, in Brot und Pfannkuchen verarbeiten und, und, und. Die
Anhängerschaft hierzulande wächst ebenso wie die Kreativität bei der Verwendung.
Der Geschmack ist ja das eine, dann dürften und müssten aber für mich viele
Nahrungsmittel den Beinamen „Superfood“ tragen. Was also hat es denn jetzt
genau damit auf sich? Da wäre zunächst die Tatsache, dass Chia fünfmal so viel
Kalzium enthält wie Milch. Der Eisengehalt ist höher als der vom Spinat. Kein
Kunststück, Spinat enthält ja nicht viel. Chia beinhaltet aber auch viele
Antioxidantien, Mineral- und Ballaststoffe. Den enthaltenen Phenolsäuren wird
zum Beispiel nachgesagt, dass sie im Körper als Radikalfänger die Zellen
schützen. Das enthaltene pflanzliche Eiweiß besitzt eine relativ hohe Wertigkeit.
Ach ja, 30% Fett enthalten dieses winzige, häufig in Rudeln auf unseren Tellern
gefundene, Superfood auch. Bisschen was ist ja immer... Macht nix. Unser Körper kann ja einiges leisten. Zum Beispiel daraus ein gewisse Menge an
langkettiger Omega-3-Fettsäuren wie EPA und DHA bilden. Diese Fettsäuren gelten
unter anderem als entzündungshemmend. Gesundheitsfördernd, Krankheiten
vorbeugend und beim Abnehmen helfend, all diese Wunderkräfte sind bisher in
keiner einzigen Studie belegt. Darauf machte der Lebensmittelchemiker Udo
Pollmer unlängst ausdrücklich im „Deutschlandradio Kultur“ aufmerksam.
Wer den Chia-Samen also mag und essen möchte, warum nicht.
Genießt ihn. Mir schmeckt er ja auch. Aber wie alles im Leben sollte man es
vielleicht in Maßen machen. Denn wie jeder Trend ist auch dieser ein
kostspieliger – ein Kilogramm Chia-Samen kostet um die 40 Euro. Und macht euch
bitte im Zeitalter des Klimawandels keine Gedanken über den extrem hohen CO2-Fußabdruck,
den man durch den Import transatlantischer Lebensmittel mit zu verantworten
hat. Ups. Nicht darüber nachgedacht? Alles gut. Ich kenne da ein paar kostengünstigere Alternativen wie zum Beispiel Leinsamen, gerne auch
geschrotet oder Rapsöl. Besonders der
Leinsamen kann, was die Nährwerte angeht, hervorragend mit dem "Superfood" Chia-Samen
mithalten.
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